Schellpeper Media
Text
28.2.2013 Veröffentlicht in der Bonner Umweltzeitung
In Zeiten der Energiewende, der Ressourcenverknappung und des „Ökobooms“ wird an allen Enden und Ecken geschaut, wo Staaten an ihren Ressourcen Einsparungen machen können.
Bei viel Gerede, von Atomstrom, Stromtrassen und Solarpanels vergessen viele eine wichtige Ressource, die uns gegeben ist, aber von nicht jedem gesehen wird – unserem Abfall. Er enthält so viele Rohstoffe, dass man sich einen Verlust eigentlich nicht leisten kann. Experten sagen, dass Mülldeponien von heute, die Ressourcen von morgen beinhalten. Das Prinzip ist also klar: Verwerten statt verbrennen – mehr Recycling, weniger Verbrennung!
Am ersten Juni trat das von der Bundesregierung beschlossene, neue und modernisierte Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) in Kraft. Dieses schreibt die EU- Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG, AbfRRL) in nationalem Recht fest. Bestimmte Einzelvorschriften traten bereits am ersten März in Kraft. Das bisher geltende Abfallrecht wird damit grundlegend überholt. Höchste Zeit für die BUZ, einmal die Neuerungen auszuleuchten.
Aus einer Novellierung des Bundesministeriums für Umweltschutz (BMU) gehen drei wichtige Punkte hervor: Oberstes Ziel ist es bewährte Strukturen der bestehenden Gesetze zu erhalten. Weiter möchte man die AbfRRL möglichst genau ins deutsche Recht integrieren und somit abschließend die Resourcceneffizienz sowie das Recycling in der Bundesrepublik verbessern.
Verseuchter Boden ist nun auch Abfall
Im Einzelnen beschreibt das Gesetz den Abfallbegriff (§ 3 Abs.1) neu. Bisher wurden als Abfall lediglich bewegliche Sachen betrachtet. Nach neuer Ordnung werden es von nun an „Stoffe und Gegenstände“ sein, was zum Beispiel kontaminierte Böden mit einschließt. Somit muss dieser ggf. auch als Abfall behandelt werden. Des Weiteren werden die Begriffe wie Abfallvermeidung und der neuen Vorbereitung zur Wiederverwendung beschrieben. Unter Wiederverwendung versteht der Gesetzgeber nun „Erzeugnisse und Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren […]“. So werden bis § 5 verschiedene Begrifflichkeiten wie: Recycling, Abfall/Nebenprodukt bestimmt.
Im Fokus des Gesetzes steht der Grundsatz (§6). Dieser schreibt nun eine 5-stufige Abfallhierarchie vor. Nach bisheriger Regelung waren es 3 Stufen, nämlich: 1. Die Vermeidung von Abfällen, 2. das Recycling und zu guter Letzt 3. Die Beseitigung von Abfällen. Nach neuem Recht werden diese drei Punkte nun durch die Punkte „Vorbereitung zur Wiederverwendung“, welches an zweite Stelle rückt und „sonstige Verwertung(insb. Energetische Verwertung und Verfüllung) was vor der letztlichen Beseitigung geschieht, ergänzt. Jedoch gibt es auch eine Einzelvorschrift im Gesetz (§7), die auf das Verhältnis von Verwertung und Beseitigung eingeht. Im Allgemeinen hat die Verwertung Vorrang vor der Beseitigung, es sei denn, die Beseitigung biete besseren Umweltschutz. Dieses Szenario kann auftreten, wenn die zu erwartenden Emissionen größer wären, als die Emissionen, die bei einer Nutzbarmachung der enthaltenen Energie(Verbrennung) entstehen würden.
Entsorgen! – Aber wie?
Im Achten Paragraf „Rangfolge und Hochwertigkeit der Verwertungsmaßnahmen“ wird in sieben Kriterien festgeschrieben welcher Abfall, wie zu behandeln ist. Ziel dieser Vorschrift ist es, die umweltverträglichste Verwertungsart zu wählen. Laut der Ersten der sieben Kriterien ist darauf zu achten, welche, und wie viele, Emissionen bei der Verwertung oder gegebenenfalls der Beseitigung zu erwarten sind. Im Anschluss muss man sich mit dem Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen beschäftigen. Ob es nun schonender für die Umwelt ist, den vorliegenden Abfall zu verbrennen und somit Ressourcen, wie zum Beispiel Kohle, einzusparen, oder aber den Abfall zu deponieren und somit eine etwaige Bodenkontamination in Kauf zu nehmen. Auch im nächsten Punkt geht es darum abzuwägen, ob es sich lohnt Energie in die Verwertung zu Inverstieren oder ob der Abfall durch die Verbrennung mehr Energie freisetzt. Das vierte Kriterium beschreibt, das die Anreicherungen von Schadstoffen in Abfällen ein erheblicher Faktor für die Entscheidung, welches Verfahren nun für die Verwertung des Abfalls gewählt werden sollte, ist. Ein weiterer Faktor sind die zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten der Verwertung, die wirtschaftliche Zumutbarkeit für entsorgende Unternehmen und etwaige soziale Folgen. Der Gesetzgeber räumt dem Erzeuger/Besitzer des Abfalls das Wahlrecht des Verwertungsverfahrens ein, jedenfalls sei auch hier immer die „dem Schutz des Menschen und der Umwelt am besten gewährleistende, hochwertige Verwertung anzustreben […]“. Eine energetische Verwertung lässt der Gesetzgeber zu, wenn der Heizwert des Abfalls bei 11.000 Kilojoule(kJ) pro Kilogramm liegt. Das ist in etwa so viel Energie, die benötigt würde um gut 38 Glühbirnen(80 Watt) eine Stunde brennen zu lassen. Hochgerechnet könnte dies ein beträchtliches Energiepotenzial beherbergen, was in Zeiten des sorgsamen Umgangs mit Energie nicht ungenutzt bleiben sollte.
Im folgenden Paragraph (§9) wird die Getrennthaltung von Abfällen beschrieben. Die Getrennthaltung soll dazu dienen, die im Abfall enthaltenen Wertstoffe besser zu nutzen. Das ganze System funktioniert nur dann wirklich gut, wenn sich jeder Bürger an die „Mülltrennung“ hält und somit die ihm eigenen Ressourcen mit Bedacht behandelt. Eine Vermischung von Abfallgruppen ist somit unzulässig und darf nur mit Ausnahmegenehmigungen erfolgen. Verstärkte Kontrollen sind laut Rhein-Sieg Abfallgesellschaft nicht zu erwarten. „Wenn wir jedoch häufige Fehlbefüllungen feststellen, können wir auch reglementierend eingreifen“, schreibt Joachim Schölzel, der Pressesprecher der Rhein-Sieg Abfallgesellschaft. Oberstes Gesetz zur Mülltrennung: Die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung.
Die neue Mülltrennung mit der Wertstofftonne
Was sicherlich den meisten Bürgern schon aufgefallen ist, ist die Neuerung der Wertstofftonne. Diese Änderung nahm die so genannten gelben Säcke und bescherte uns die Wertstofftonne, sie übernimmt die Aufgaben der „gelben Säcke“ – Doch die Wertstofftonne kann mehr als das. Es ist ebenfalls möglich Dinge wie Besteck, Schüsseln oder Töpfe aus Metall in der „gelben Tonne“ zu entsorgen. Auch diese Gegenstände sind Wertstoffe und können wiederverwendet werden. Gleiches gilt für Werkzeuge, Schrauben und viele Sportartikel. Der Landkreis Rhein-Sieg hat die Wertstofftonne bereits großflächig eingeführt, doch wirklich effizient wird es auch hier erst, wenn die Tonne überall eingesetzt wird. Dies soll laut BMU, spätestens 2015 deutschlandweit passieren. Bis dahin soll sich dann auch endgültig geklärt haben, ob auch Elektrogeräte in der Wertstofftonne entsorgt werden können.
„Im Rhein-Sieg-Kreis wird es mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht zu einer gemeinsamen Sammlung von Leichtverpackungen und Kunststoffen zusammen mit Elektrokleingeräten kommen“, erläuterte Joachim Schölzel. Durch die Verpressung des Elektroschrottes und Verpackungsmaterialien, direkt innerhalb der Entsorgungsfahrzeuge würde auf den Sortierbändern der Entsorger ein „nicht mehr zu trennendes Gemisch“ landen. Auch die Kabel, die bei gebrauchten Elektrogeräten vorliegen stellen ein Problem da. Sie können sich, wie Praxisversuche gezeigt haben, in Maschinenteilen verknoten und somit zu einem Stillstand der ganzen Anlage führen. Weitere Informationen was in die Wertstofftonne gehört, findet man im Internet unter:www.voll-was-wert.de.
Die RSAG hat bereits 2012 angefangen, den Kreis mit Wertstofftonnen auszustatten. Bisher stehen also 200.000 Behälter im Kreisgebiet. Haushalte die aus Platzgründen keine Tonne unterhalten können, bekommen nun neuartige Wertstoffsäcke.
Die nächsten Paragrafen sind eher für Entsorgungsfirmen wichtig, da hier Themen wie Kreislaufwirtschaft für Bioabfälle und Klärschlämme, Qualitätssicherung und Pflichten für Anlagenbetreiber behandelt werden.
Streit um den Abfall
So wenden wir uns einem sehr umstrittenen Punkt zu, nämlich dem § 17, den Andienungs- und Überlassungspflichten. Diese beziehen sich meist auf gefährliche Abfälle, wie Automobilschrott oder Ähnliches. Diese Pflichten besagen das Wertstoffe wie beispielsweise Altmetall, über die Kommune und damit über öffentlich-rechtliche Entsorger entsorgt werden müssen. Also nicht mehr wie bisher oft, von so genannten „Schrotthändlern“ eingesammelt werden. Diese Lage kann sehr zwiegespalten gesehen werden. Zum einen wird mit dieser Regelung sicherlich die Wiederverwendung vorangetrieben und die Altmetallentsorgung zentralisiert, jedoch fehlt damit den Menschen, die bisher ihren Lebensunterhalt mit dem Sammeln und Handeln von Altmetallen bestritten, die Existenzgrundlage. Vielen von Ihnen stellt sich die Frage, worin die Notwenigkeit für dieses Gesetz liegt, gerade wo die Altmetallpreise so stark steigen und lukrative Geschäfte versprechen.
Doch auch weniger gefährliche Abfälle können Überlassungspflichten unterliegen. Grundsätzlich sind diese Abfälle auch den öffentlich-rechtlichen Entsorgern zu überlassen. Entsorger können aber auch bestimmte Abfallgruppen per Satzung oder Einzelausschlüssen von der Überlassungspflicht ausschließen. Die Lage kann also von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein und kann im Zweifelsfall bei entsprechenden, lokalen Entsorgern erfragt werden.
Der Hintergrund dieses Gesetzes liegt auf der Hand, hiermit sollen öffentliche Entsorgungsanlagen, die zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit errichtet wurden, ausgelastet und das „Mülldumping“ (Entsorgung zu Niedrigpreisen) gestoppt werden. Laut Joachim Schölzel ist die aktuelle Lage in der Verpackungsentsorgung so, dass oftmals entferntere Anlagen angefahren werden. So kann es gut möglich sein, dass Müll aus dem Rhein-Sieg Kreis Beispielsweise im Hochsauerlandkreis verwertet wird, da die Verwertungskosten für Systembetreiber dort niedriger sind. „Das mag dann zwar wirtschaftlich effizient sein, aber ökologisch ist es unsinnig.“ Schreibt Joachim Schölzel in einer Stellungnahme an die BUZ.
„Des Einen Leid ist des Anderen Freud‘“ besagt ein altes Sprichwort. So denken nun sicher auch die Kommunen und Städte, die mit den Einnahmen aus diesen Geschäften ihre Kassen aufbessern können. Vor diesen großen Streitereien bezweifeln die privaten, kleineren Entsorger ob das Gesetz jetzt, wie eigentlich gedacht, der Umwelt oder eher den kommunalen Haushaltsdefiziten zugutekommt.
Nachhaltigkeit in der Wirtschaft
Ein weiterer interessanter Punkt im neuen Kreislaufwirtschaftsabfallgesetz ist der § 23, nämlich die so genannte „Produktverantwortung“. Sie richtet sich an Unternehmen die Produkte konstruieren und entwickeln. Somit müssen sich diese fortan, bereits bei der Entwicklung, Gedanken darüber machen, dass die beinhalteten Komponenten nach der Benutzung möglichst umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden können. Da stellt sich die Frage ob in Zukunft nicht eine Zurückgabe nach dem Gebrauch von Produkten (ähnlich dem Pfandsystem) entsteht oder entstehen sollte. Ebenfalls bleibt abzuwarten, ob aus diesen Vorschriften ein Wettbewerbsnachteil für in Deutschland ansässige Firmen entsteht und daraus ein weiterer Abwanderungsschwung in andere Staaten resultiert. Andere Staaten wie beispielsweise China oder manche osteuropäische Länder schreiben Ressourceneffzienz und Naturschutz eher klein und könnten somit um ein vielfaches Preisgünstiger entsorgen. Unter bestimmten Bedingungen und nach Genehmigung kann es vorkommen, das bestimmte Erzeugnisse nur bei der Einführung einer Rückgabemöglichkeit am Markt integriert werden dürfen.
Das KrWG ist der Erste von 6 Artikeln, die das Gesetzespaket enthält. Die folgenden Artikel 2-4 regeln die Änderungen des Bundesimmisonsschutzgesetz (BImSchG), des Gesetzes zur Entsorgung von Elektrogeräten (ElektroG) und des Batteriegesetzes (BatterieG). Im fünften Artikel werden 43 Folgeänderungen im Strafgesetzbuch sowie Nachweisführung bei der Entsorgung festgeschrieben. Der sechste Artikel regelt dann nur noch das In- und Außerkrafttreten der Vorschriften.
Alles in allem geschieht mit Inkrafttreten der neuen Gesetze schon jetzt vielerorts ein Umdenken, und private sowie kommunale Entsorger gründen gemeinsam Unternehmen, zu gegenseitigem Vorteil. Unternehmen werden angehalten nachhaltig zu denken, und Bürger angeregt, umsichtig zu handeln.
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/krwg/gesamt.pdf
Der komplette Gesetzestext zum Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
http://de.wikipedia.org/wiki/Kreislaufwirtschaftsgesetz
Das KrWG bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia. Was ist das Gesetz und welche Auswirkungen hat es?
http://www.umweltschutz-bw.de/?lvl=1220
Der wohl umstrittenste Punkt des KrWG, ³17: Die Überlassungspflichten. Was Sie gerade im Bezug auf Umweltschutz bedeuten.
Copyright ©Simon Schellpeper Media 2014 All Rights Reserved Impressum